eSport ist derzeit ein Markt, der stetig wächst und auf verschiedene Arten an Bedeutung gewinnt. Die Bekanntheit von eSport-Teams und Spielern nimmt stetig zu, Sponsorengelder fließen vermehrt. Erst kürzlich wurde ein neuer Höhepunkt bei der Finanzierung der eSport-Organisationen erreicht, als TSM, eine geschichtsträchtige nordamerikanische Organisation, mit der Kryptobörse FTX eine Partnerschaft einging, die ihr 210 Millionen US-Dollar im Austausch für Namensrechte einbrachte. Die Entwickler und Turnierorganisatoren können dazu immer größere Preisgeldsummen an Gewinner auszahlen, was durch die Unterstützung der Spielerbasis, die durch den Erwerb spezieller Spielgegenstände das Preisgeld erhöhen kann, zusätzlich gefördert wird.
Auch das Prestige, das die Teilnahme und der Gewinn bei eSport-Wettbewerben bringen, steigt durch diese Trends natürlich weiter an. Die Schlussfolgerung ist demnach, dass der Anreiz dafür, möglichst erfolgreich an solchen Turnieren und Ligen teilzunehmen, auch weiter ansteigt. Einige Spieler, beziehungsweise in bestimmten Fällen auch die Verantwortlichen innerhalb ihrer Organisationen, greifen wegen dieser Entwicklungen allerdings auch zu Mitteln, die ihnen einen unfairen Vorteil dabei verschaffen, die lukrativen Preise oder erfolgsbasierte Sponsorendeals zu erreichen.
Betrug im eSport
Nur wenige sollten davon überrascht sein, dass Betrug auch im eSport bereits eine längere Geschichte hat. In First-Person-Shooter-Titeln beispielsweise gab es in Turnieren immer wieder Vorfälle, bei denen sich Konkurrenten ihren Gegnern gegenüber durch den Einsatz von Programmen, die beispielsweise Informationen über die Positionen der Gegner oder Zielhilfen beisteuerten, einen unfairen Vorteil verschafften.
Wenn die Thematik des Betrugs im Kontext des Bereichs professioneller Sport angesprochen wird, denken viele jedoch schnell an eine andere Möglichkeit, die im traditionellen Sport schon eine längere Geschichte aufweist. Die Rede ist von Doping, das in bestimmten Sportarten, der Radsport ist hier ein populäres Beispiel, immer wieder zum Gegenstand reger Diskussionen wurde. Das Beispiel Radsport zeigt auch auf, welche Folgen es haben kann, wenn Doping bei einigen der besten Teilnehmer nachgewiesen wurde. Die Sportart hat erheblichen Schaden dadurch erlitten, dass immer mehr frühere Zuschauer deswegen das Interesse verloren, weil sie keine Gewissheit darüber haben konnten, ob ihre Lieblingssportler oder deren Konkurrenten auf faire Weise am Wettbewerb teilnahmen.
Was versteht man unter Doping?
Damit die folgenden Ausführungen besser verstanden werden können, soll erst einmal genauer festgelegt werden, was genau man unter Doping verstehen soll: Die Welt-Anti-Doping Agentur WADA fasst zusammen, dass das Vorhandensein einer verbotenen Substanz im Körper eines Sportlers oder die (versuchte) Anwendung einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode auf einen Sportler als Doping zu bezeichnen ist.
Die Effekte solcher Substanzen können sich dann noch auf verschiedene Weisen bemerkbar machen. Stärkere Muskeln, verbesserte Ausdauer und eine längere Verzögerung beim Ermüden der Muskeln sind nur einige Vorteile, die sich Athleten von der Anwendung der Dopingsubstanzen erhoffen können. Schnell fällt hier aber auch auf: Diese positiven Einflüsse auf die Leistungsfähigkeit betreffen zum größten Teil körperliche Fähigkeiten. Da die Körperlichkeit der professionellen eSport-Spieler jedoch deutlich weniger die Ergebnisse der Wettbewerbe prägt, erwächst die Frage, ob in dieser Sphäre Doping effizient eingesetzt werden könnte. Davon hängt auch ab, ob überhaupt zu erwarten wäre, dass solche Wirkstoffe im eSport zum Einsatz kommen.
Doping im eSport? Kein neues Phänomen
Inzwischen ist Letzteres eindeutig geklärt: Mehrere Profis haben sich in der Vergangenheit bereits geäußert, dass sie entweder selbst leistungsfördernde Substanzen benutzt haben, um sich einen Vorteil zu verschaffen, oder dass sie von anderen Spielern in ihrer eSport-Szene wissen, die zu solchen Mitteln greifen. Mehrere nordamerikanische eSportler, die sich in verschiedenen Versionen von „Call of Duty“ oder „Counter Strike“ an Wettbewerben beteiligten, berichteten beispielsweise davon, dass der Wirkstoff Adderall dort breite Anwendung findet. In den USA wurde dieser schon länger vor allem im schulischen und universitären Rahmen dann eingesetzt, wenn sich Schüler durch extremen Leistungsdruck gezwungen sahen, auf medizinische Hilfsmittel zurückzugreifen. Die positive Seite der Effekte, die Adderall möglicherweise hervorrufen kann, beinhaltet eine verbesserte Impulskontrolle, eine verlängerte Aufmerksamkeitsspanne und die Stimulation des zentralem Nervensystems.
Damit wird offensichtlich, wie die Auswirkungen dieses Wirkstoffs die Leistungen von eSport-Athleten positiv beeinflussen können. Eine der Besonderheiten, die der eSport gegenüber anderen traditionellen Sportarten hat, nämlich die Länge bestimmter Turnierbegegnungen, die in der KO-Phase teilweise im Best-of-Five Modus ausgetragen werden, ist dafür auch von hoher Relevanz. Eine erhöhte Dauer der Aufmerksamkeitsspanne kann sich in solchen Momenten, die gleichzeitig noch die wichtigsten Teile der Turniere ausmachen, deutlich auswirken. Doping kommt im eSport also erstens bereits seit längerem vor und hat zweitens nachweislich auch das Potenzial, deutlichen Einfluss auf den Ausgang von eSport-Wettbewerben auszuüben.
Auf klassische Sportarten abseits von eSport gehen wir an dieser Stelle nicht näher ein. Zusammengefasst sei aber angemerkt, dass dort die Geschichte des Dopings aufgrund der deutlich längeren Existenz vieler Sportarten eine noch viel längere ist und in der Vergangenheit bereits für Skandale oder sogar körperlichen und geistigen Verfall betroffner Sportler geführt hat.
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Die Gefahren der Wirkstoffe
Da also die Anwendung der Dopingmittel schon länger vorkommt und es dadurch, dass diese auch bestimmte potenziell leistungssteigernde Effekte mit sich bringen, unwahrscheinlich erscheint, dass sie aus dem Grund mangelnder Effizienz zukünftig weniger eingesetzt werden, sollen nun Einschätzungen dazu abgegeben werden, welche Gefahren aus dem Gebrauch solcher Mittel erwachsen. Nicht selten kommt es zu Nebenwirkungen: Allein Adderall bietet mit Auswirkungen wie Schlafstörungen, Atemproblemen, Bauchschmerzen, erhöhtem Blutdruck, erhöhter Herzschlagfrequenz und bei Kindern sogar einer Verlangsamung des Wachstums bereits eine lange Liste möglicher Nebenwirkungen an, von denen einige in jedem Fall als ernsthaft einzustufen sind. Neben den eventuell auftretenden schädlichen Folgen für die Gesundheit der Spieler stellt das Abhängigkeitspotenzial die größte Gefahr für diese dar. Da die Nebenwirkungen bei einigen der Mittel eben problematisch sein können, ist es besonders gefährlich, wenn der Nutzer der Wirkstoffe durch das Entwickeln einer Sucht zu immer häufigerem Gebrauch konditioniert wird.
Stress im eSport: Warum sich Spieler im eSport Hilfe durch Doping suchen
Es ist also aus mehreren Gründen gefährlich, Doping zu betreiben. Dabei wurde bisher noch nicht einmal erwähnt, dass die Spieler in den meisten Situationen selbst für die Mittel aufkommen und daher auch zusätzliche finanzielle Last tragen. Da die körperliche Leistungsfähigkeit, die den traditionellen Anwendungsbereich von Doping darstellt, auch weniger relevant ist und daher nur begrenzter Nutzen vorhanden ist, erscheint immer noch fragwürdig, wieso die Spieler die Risiken in Kauf nehmen und der Gebrauch im eSport trotzdem stattfindet. Eine mögliche Erklärung wäre, dass dadurch, dass man beim Training eben nicht körperlich auf die gleiche Art erschöpft wird, wie es bei traditionellen Sportarten der Fall ist, mehr Zeit auf Training verwendet werden kann. Vor allem Spieler mit den höchsten Ambitionen, die durch die lukrativen Preise und Sponsorengelder, die nun vermehrt in den eSport fließen, motiviert werden, reizen diese Trainingsmöglichkeiten auch aus.
Vermutlich berechtigt erwarten die meisten besonders extremen Trainingsumfang in erster Linie im asiatischen Raum. Der deutsche Profi Felix „Abbedagge“ Braun, der in „League of Legends“ antritt, berichtete allerdings auch davon, dass er selbst täglich ungefähr zehn Stunden in sein Training investiert, was sicherlich auch davon abhängt, dass „League of Legends“ durch seine Popularität besonders hohe Preissummen verspricht. In jedem Fall kann gefolgert werden, dass durch die extremen Trainingsbedingungen psychischer Druck wächst und gleichzeitig bestimmte Faktoren, wie das Aufrechterhalten der Aufmerksamkeit dann doch als limitierende Grenzen für solche Übungspraktiken wirken. Genau dort können die Dopingmittel ansetzen und diese Grenzen verschieben, wobei natürlich trotzdem angenommen werden sollte, dass das Doping vor allem bei den Wettkämpfen relevant ist. Diese können, wie bereits beschrieben, ähnlich wie das Training, durch ihre lange Dauer den möglichen Nutzen von Wirkstoffen wie Adderall erhöhen. Der Stress, mit dem die zumeist jungen Spieler umgehen müssen, ist also enorm und sorgt dafür, dass sich entweder Abhilfe durch Doping gesucht werden kann oder dass man durch Doping die extremen Trainingszeiten verringern will. Deshalb ist auch klar, wieso schon geringer Gebrauch von Dopingmitteln große Folgen nach sich ziehen kann. Nehmen die eSportler durch die Wirkstoffe einen Effekt wahr, der ihnen dabei hilft, mit der Belastung umzugehen, kann es dazu kommen, dass eine Abhängigkeit entsteht.
Umgang mit dem Dopingproblem im eSport
Wie sollen die Verantwortlichen im eSport nun also mit der Problematik Doping umgehen? Der bereits angesprochene Radsport hat gezeigt, dass eine Situation, in der Fälle von Doping immer öfter vorkommen, das Image von Sportarten regelrecht zerstören kann. Auch wenn im eSport nur selten die Thematik Doping in die öffentliche Wahrnehmung trat, ist deshalb trotzdem eine gewisse Eile geboten. Es folgen einige Überlegungen und Lösungsvorschläge.
In erster Linie erscheint es wichtig, dass die Thematik überhaupt deutlicher benannt und gleichzeitig der Gebrauch von Dopingmitteln verurteilt wird. Strafen für Vergehen sollten angemessen sein und nach der Festlegung auch konsequent angewendet werden. Neue eSportler, die in eSport-Communities wie der bereits erwähnten nordamerikanischen „Call of Duty“-Szene erste Erfahrungen sammeln, sollten von Beginn an wissen, was die Nutzung von Dopingmitteln verursachen kann. Dem Zustand, der dort von früheren Profis geschildert wurde, in dem Doping teilweise normalisiert und weit verbreitet ist, kann so entgegengewirkt werden. Künftige Profis sollten früh verstehen: Der faire Wettbewerb wird durch Doping zerstört und mögliche gesundheitliche Folgen können langfristige Schäden verursachen. Dopingproben werden mittlerweile in bestimmten Events schon durchgeführt, jedoch sollte diese Praxis noch ausgeweitet werden.
- Helga Blasius (Autor)
Zukünftige Entwicklungen von Doping im eSport
Beispielhaft für eine zukünftige Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Doping im eSport könnte die Situation von Riot Games sein. Das Entwicklerstudio von „League of Legends“, dem wohl populärsten eSport, hat sich zum Thema Doping in dessen professioneller Szene in der Vergangenheit bedeckt gehalten. Da die amerikanische Firma nun allerdings mit „Valorant“ erneut ein erfolgreiches Spiel entwickelt hat, das auch von Anfang an als eSport geplant war und gleichzeitig die Form eines First-Person-Shooters hat, wird diese Haltung zunehmend problematisiert: In FPS-Spielen kommt, wie bereits erklärt wurde, das Doping häufiger vor und hat demnach auch die Ergebnisse von Events beeinflusst.
Gleichzeitig sind viele der Profis in dem noch jungen Spiel aus anderen FPS-Spielen, beispielsweise Overwatch oder CS:GO, zu „Valorant“ gewechselt und konnten etwaige Dopinghintergründe in diese neue Szene hinein mitbringen. Gründe für ein Einschreiten der Computerspieleentwickler gibt es also durchaus. Falls Riot Games deshalb nun gegen das Doping in diesem Spiel vorgehen wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Umgang mit der Thematik auch in anderen Titeln der Firma neu verhandelt werden wird. Daher kann es lohnend sein, wenn solche Firmen, die ihre Spiele langfristig auf eSport auslegen oder die abseits der Entwicklung im eSport mitwirken, schon früh eine konsequente Linie im Umgang mit Doping herausarbeiten.